Moby Dick recyclet

Inhalt

Es geht auf grosse Fahrt! Mit Jagen und Schlachten von Walen wollen Ismael, sein fremdartiger Freund Queequeg und die restlichen Seeleute des Walfängers Pequod gutes Geld machen. Dessen ominösen Kapitän Ahab bekommt lange keiner zu Gesicht, nur die unregelmässigen Tritte des Einbeinigen sind nachts zu hören. Ahab hat nur ein Ziel: Rache an dem Weissen Wal, an Moby Dick, dessen Heimtücke ihn zum Krüppel gemacht hat… Kein Seemannsgarn, sondern nach einer wahren Begebenheit von Herman Melville, mit viel Plastik erzählt. Inhalt: Unsere Stoffwahl ist auf Moby Dick gefallen, weil es darin um Entfremdung von der Natur, ihre Ausbeutung und Profitgier geht. Herman Melville (1819 – 1891) ging als junger Mann wirklich als Matrose auf einen Walfänger und schrieb einige Jahre später, 1851 „Moby-Dick; or, The Whale“. Melville beschreibt in seinem Roman die Welt des Walfangs, die Jagd nach Profit und die Ausbeutung der Wale. Im 19. Jahrhundert verhalf u. a. die Waljagd der Industrialisierung zu Fortschritt. Durch das aus dem Pottwal gewonnene Walrat und durch Waltran wurde die Industrie geschmiert, es konnten Kerzen und Lampenöl hergestellt werden, was damals eine längere Arbeitszeit und eine grössere Produktivität bedeutete. Eines der aktuellen Probleme unserer Meere ist der Plastikmüll. Das war für uns der Grund, unser Bühnenbild und die Figuren aus Plastik zu bauen.

Beteiligte

Regie: Rita Portmann
Spiel / Musik: Rafael Haldenwang
Spiel / Figurenbau: Doris Weiller
Regieassistenz: Denise Horat

Presse


Ein Klassiker aus Plastik

Ein kleines Plastikboot mit sechs Plastikrudern durchpflügt die wilden Wellen des Plastikmeeres. Eine Harpune wird geworfen und trifft ins Schwarze: Die Matrosen haben einen Wal gefangen. Nachdem sie ihn aus das Walfangschiff gehievt haben, nehmen sie den Meeressäuger aus, schälen die Haut von seinem Körper und pressen den Tran aus ihm raus wie den Saft aus einer Orange. Die in Solothurn ansässige freie Gruppe Theater Pudelskern erarbeitete unter der Regie von Rita Portmann die Romanadaption „Moby Dick recycled“ für die Bühne. Das Publikum folgt dabei der abenteuerlichen Geschichte des Ich-Erzählers Ismael, der auf dem Walfangschiff Pequod anheuert und von der Landratte zum Walfänger mutiert. Dort steht er unter dem Kommando des tyrannischen und von seinem Hass getriebenen Kapitän Ahab, der Schiff und Mannschaft zu opfern bereit ist, um den weissen Wal Moby Dick zu töten. Die au dem Klassiker von Hermann Melville beruhende Inszenierung greift die hochaktuellen Themen der Überfischung und der überbordenden Produktion von Plastikabfall auf. Es mutet schon paradox an: Was Fischer an Leben aus dem Meer rausholen, füllt der Rest der Welt wieder mit Plastik auf. Bei „Moby Dick recycled“ wird nicht nur ein literarischer Stoffe wiederverwendet, sondern auch Abfall: Die Figuren ( Doris Weiller) und Requisiten wurden aus Plastiktüten, Tuben, Plastikfässern, Kunststoffplachen gefertigt. Der PET- Flaschen gefüllte Plastiksack, der als der weisse Wal über die Bühne schwebt, wirkt darin wie ein grosses Ausrufezeichen. Dabei gehen die Figurenspielerin Doris Weiller und der Schauspieler Rafael Haldenwang äussert fantasievoll und poetisch mit den Materialen um. Die praktisch leere Bühne fungiert als Möglichkeitsraum, der sich mit wenigen Handgriffen von einer mit grünleuchtenden Ballon – Algen, Zahnpastatuben-Fische und Plastiksack-Quallen ausgestattet Unterwasserwelt in eine aus Holzfässern gebaute Spelunke oder im Wind der wogenden Wellen verwandelt.

Figura, Mai 2016, Franziska Burger